Praktisches Vorgehen - Bei Einigkeit genügt eine gemeinsame Erklärung
Allgemeines: Sind Vater und Mutter miteinander
verheiratet, erhalten sie schon heute automatisch mit der Geburt eines
Kindes das gemeinsame Sorgerecht und behalten dies bei einer Scheidung
bei. Unverheiratete Eltern müssen dieses jedoch explizit deklarieren
oder beantragen. Solange sie das nicht tun, hat die Mutter das alleinige
Sorgerecht.
Gemeinsame Erklärung: Sind sich
unverheiratete Eltern einig, erklären sie auf einem vorgedruckten
Formular mit ihrer Unterschrift, dass sie gemeinsam die Verantwortung
für ihr Kind wahrnehmen wollen und dass sie sich über alle weiteren
Kinderbelange, wie Obhut, Betreuung oder persönlichen Verkehr mit dem
Kind sowie den Unterhaltsbeitrag verständigt haben. Dabei sind die
Eltern frei, wie sie etwa die Betreuung regeln. Sie müssen den Behörden
dazu auch keine Angaben machen, und die Behörden überprüfen die
getroffene Regelung auch nicht.
Die gemeinsame Erklärung können
die Eltern entweder zusammen mit der Vaterschaftsanerkennung beim
Zivilstandsamt abgeben oder sonst später bei der Kindes- und
Erwachsenenschutzbehörde (KESB) am Wohnsitz des Kindes. Sie erhalten
dann eine behördliche Bestätigung. Formulare zur gemeinsamen Erklärung
werden spätestens am 1. Juli auf den Websites sämtlicher KESB
aufgeschaltet sein.
Ohne gemeinsame Erklärung: Ist ein
Elternteil nicht bereit, eine Erklärung über das gemeinsame Sorgerecht
abzugeben, kann der andere an die KESB gelangen. Diese entscheidet dann.
Nach dem neuen Recht muss die KESB die gemeinsame elterliche Sorge
erteilen, sofern keine Gründe dagegen vorliegen. Diese muss sie jedoch
überprüfen. Für ihren Entscheid hat sich die KESB am Kindeswohl zu
orientieren.
Uneinigkeit der Eltern: Sind sich die Eltern
zwar über die gemeinsame Sorge einig, aber nicht über die Aufteilung der
Betreuung oder den persönlichen Kontakt, können sie sich ebenfalls an
die KESB wenden. Dabei kann es sein, dass die Behörde erst einmal eine
vorsorgliche Regelung trifft und dann die Erfahrungen abwartet, bevor
sie einen definitiven Entscheid fällt.
Streiten sich
unverheiratete Eltern jedoch über den Unterhaltsbeitrag, ist nicht die
KESB für eine Lösung zuständig, sondern das Gericht. Die Höhe des
Unterhaltsbeitrags hängt unter anderem von der Aufteilung der Betreuung
unter den Eltern ab.
Rückwirkende Bestimmung: Geschiedene
ohne gemeinsame elterliche Sorge können innert eines Jahres ab
Inkrafttreten des neuen Gesetzes die gemeinsame Sorge beantragen.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Scheidung nicht mehr als 5 Jahre
zurückliegt. Ist der andere Elternteil mit der gemeinsamen Sorge nicht
einverstanden, müssen Geschiedene ihren Antrag vor Gericht stellen.
Ansonsten können sie an die KESB gelangen.
Auch unverheiratete
Eltern ohne gemeinsame Sorge können diese innert Jahresfrist bei der
KESB beantragen. Bei Unverheirateten spielt es zudem keine Rolle, wie
lange die Trennung vom andern Elternteil zurückliegt.
AHV-Erziehungsgutschriften:
Neu müssen die Eltern auch selber festlegen, wie die
Erziehungsgutschriften der AHV aufzuteilen sind, ob diese vollumfänglich
einem Elternteil zustehen sollen oder jedem Elternteil zur Hälfte. Eine
entsprechende Erklärung geben sie mit dem Formular über die gemeinsame
Sorge ab. Treffen die Eltern keine Vereinbarung, entscheidet die KESB
innerhalb von drei Monaten nach Festlegung der gemeinsamen Sorge. Dabei
berücksichtigt die Behörde die Betreuungsleistung jedes Elternteils.
Quelle: Tages-Anzeiger 23.6.14
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