Wenn
Hans-Ulrich Bigler über uns
Konsumenten spricht, findet er
derzeit
nur warme Worte. Fast schon ehrfürchtig sagt der Direktor des mächtigen
Gewerbeverbands, wir seien bestens informierte, mündige
Marktteilnehmer, die selbständig entscheiden könnten, welche Produkte zu
welchen Preisen und in welchen Mengen wir kaufen wollten. So viel Lob
vom obersten Gewerbler freut uns natürlich. Irritierend ist nur, dass
Bigler so lautstark herausstreicht, dass wir ganz ohne fremde Hilfe
einkaufen können. Doch Bigler geht es gar nicht darum. Sein Lob hat Kalkül. Er will
uns warnen – vor der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), die uns aus
billigen politischen Motiven entmündigen und als Opfer der Wirtschaft
darstellen wolle. Diese Politik der Verbote, Vorschriften und Gebühren
schränke unsere Freiheit nur ein und verteuere den Konsum künstlich. Und
dafür werde die SKS auch noch vom Bund subventioniert.
Jetzt
aber sei genug. Bigler will daher die Konsumentenorganisationen vor die
Wahl stellen: «Entweder betreiben sie Politik und bekommen keine
öffentlichen Gelder mehr. Oder sie beschränken sich auf die
faktenbasierte, objektive Konsumenteninformation und werden dafür
subventioniert.» Und weil Bigler erst nächstes Jahr ins Parlament
gewählt werden kann, reicht die Schwyzer FDP-Nationalrätin Petra Gössi
für ihn in der Herbstsession eine entsprechende Motion ein. Darin legt
sie noch nach: «Liberale Konsumentenstimmen», sprich: das
Konsumentenforum (KF), würden «gezielt beschnitten und damit die
Meinungsvielfalt in den gerade für die Öffentlichkeit
zentralen
Konsumententhemen gefährdet», zudem erhielten sie nicht genug
Subventionen.
Warum nur greift Bigler die SKS gerade jetzt offen an? Und warum will
Gössi das Füllhorn über das früher unabhängige, heute praktisch nur
noch im Gleichklang mit den Wirtschaftsorganisationen operierende KF
ausschütten? Eigenartig auch, denn das KF lebt schon heute zur Hälfte
von Bundesgeldern. Unterstützung von Konsumentenseite erhält die
Organisation kaum mehr. Eigenen Angaben zufolge vertritt es zwar 500'000
Konsumenten, doch an Spenden und Mitgliederbeiträgen nahm es letztes
Jahr bloss 58'810 Franken ein. Anders die SKS:
Sie ist deutlich breiter
abgestützt. Sie nimmt
20-mal mehr Mitglieder- und Gönnerbeiträge ein
und finanziert sich nur zu 15 Prozent über Subventionen. Nur zum
Vergleich: An Gössis 41-köpfige FDP-Fraktion zahlt der Bund mit jährlich
1,243 Millionen Franken viermal mehr an Entschädigungen als der SKS.
Der
Grund für Biglers Offensive ist offensichtlich: Er will die SKS mundtot
machen, weil sie immer wieder darauf hinweist, dass insbesondere die
Preise von Importprodukten nach wie vor überhöht sind. Und dass der
Einkauf auf
der andern Seite der Grenze so viel günstiger ist. Aber
Bigler reagiert, wie das Politiker in solchen Fällen gern tun: Er lenkt
von eigenen Versäumnissen ab. Denn der Gewerbeverband hat kein Rezept
gegen den boomenden Einkaufstourismus. Und die
Preise senken will er ja
nicht.
Statt Ursachen zu bekämpfen, verunglimpfen Bigler und sein
Gewerbeverband lieber die Überbringer der schlechten Nachricht. Sie
appellieren bloss an unsere Moral, doch bitte in der Schweiz einzukaufen
und so Arbeitsplätze zu sichern. Sie denken sich lieber neue Hürden
aus, um die Rückerstattung der Mehrwertsteuer zu erschweren. Und
erfinden neue Subventionen wie Eglisau, das nun eigenes «Einkaufsgeld»
drucken lässt, mit dem Einwohner beim heimischen Gewerbe 20 Prozent
günstiger einkaufen können.
Und dann behauptet Bigler auch noch, Konsumentenschutz à la SKS sei
schädlich für uns Konsumenten. Wenn die SKS etwa verlange, dass auf
Warenetiketten auch die
Herkunft von Inhaltsstoffen angegeben werden
muss, die weniger als 20 Prozent ausmachen, sei das gegen unsere
Interessen. Wenn im Internethandel das Widerspruchsrecht eingeführt
werden soll, führe das nur zu mehr Bürokratie. Wenn im Rahmen des
geplanten Finanzdienstleistungsgesetzes wir Anleger besser geschützt
werden sollen, sei das zu unserem Schaden.
Wenn Hans-Ulrich Bigler uns Konsumenten das nächste Mal über den Klee
lobt, wissen wir nun: Das macht er bloss aus billigen politischen
Motiven heraus. Und auf einen Konsumentenschutz, der nur dem Gewerbe
nützt, können wir Konsumenten problemlos verzichten.